ao. HV der Linz Textil AG
„Angekündigte Kriege finden nicht statt“
So lautete der Schlusssatz des Vorsitzenden beim außerordentlichen Aktionärstreffen des Garn- und Textilherstellers am Firmensitz in Linz.

Aber der Reihe nach: für alle vollkommen überraschend, wurde im September eine a.o. HV einberufen, weil eine Aktionärsgruppe mit insgesamt knapp 28.000 Aktien (also nicht ganz 10 % des Grundkapitals) eine solche verlangt hatte. Man wünschte den Beschluss einer Sonderprüfung, weil „der Verdacht besteht, dass zwischen der Gesellschaft einerseits und der Familie Lehner (...) Leistungs- und Zahlungsflüsse stattfanden und
-finden, die nicht fremdüblich sind.“ Der Prüfer sollte Unregelmäßigkeiten feststellen und auch überprüfen, ob das Verbot der Einlagenrückgewähr verletzt wurde.
Alle, die bei der o. HV im Mai dabeigewesen waren, hegten nun den nicht unbegründeten Verdacht, dass es wieder eine sehr turbulente Veranstaltung werden würde. Sie sollten Unrecht bekommen.
Nach der routinierten Eröffnung durch Günther Grassner, dem stellvertretenden Vorsitzenden das Aufsichtsrates (AR-Chef Anton Schneider war „wegen Differenzen zur Abhaltung der ao. HV“ eine Woche zuvor zurückgetreten, Anm.), wurde dem Langzeit-Vorstand und Kurzzeit-Aufsichtsrat Dionys Lehner das Wort erteilt. Und er nahm allen Kritikern in einer gut einstündigen, teilweise recht emotionalen Rede den Wind aus den Segeln. Denn er gab nicht nur einen Rückblick auf 40 Jahre Linz Textil („Als ich hier anfing war die Linz Textil notleidend und hatte einen Umsatz von 11,5 MioE - heute ist es zehnmal so viel“), er erklärte auch, warum das Unternehmen heute gut dasteht („Wir haben immer sehr vorausschauend gehandelt und hatten ein exzellentes Risikomanagement. Darum konnten wir auch im Krisenjahr 2008 einen Gewinn einfahren“).
Zu dem Trubel um seine Dienstvilla, die er ja letztlich gekauft hatte und die für Turbulenzen im Aktionariat sorgte, meinte er, die Villa wäre sowieso gebaut worden, sie wäre immer für die Firma gedacht gewesen. Als dann der Aufsichtsrat wegen des Verkaufs an ihn herangetreten sei, habe er überlegen müssen - „Immerhin hatte ich seit Jahren ein Haus in Zürich, wohin ich eigentlich zurückkehren wollte“. Jedenfalls hat Lehner nicht
nur die in der Sonderprüfung inkriminierten zu wenig bezahlten 1,017 MioE bei der Linz Textil hinterlegt, „sondern auch die 110.000 E für die Sonderprüfung, auch wenn ich das nicht ganz einsehe“, wie er meinte.
Eine Abrechnung mit den „rebellischen Aktionären“ gab es natürlich auch. Diesen Teil seiner Ausführungen nannte Lehner „Dinge, die mich erstaunen“. Zum einen sei er verwundert, dass Aktionäre ihre Aktien um mehr als den Börsekurs dem Unternehmen andienen, und wenn dieses dann nicht kaufen wolle, ankündigen „lästig“ zu sein. Zweitens verstehe er nicht den Gang in die Medien.
„Zuerst das Wirtschaftsblatt, jetzt berichtet NEWS“, so Lehner. Die Firma leide massiv unter solchen Medienberichten. Außerdem sei das Unternehmen durch die dauernden Konflikte so blockiert, dass alle Expansionsprojekte gestoppt werden mussten. „Wenn der Vorstand sagt, dass er 80 % seiner Zeit mit den Auseinandersetzungen beschäftigt ist und sich nur zu 20 % ums Geschäft kümmern kann, dann ist das auf keinen Fall gut für die Firma“, erklärte der Ex-CEO.
Er gewährte aber einen versöhnlichen Ausblick: „Die Linz Textil ist ein starker Baum. Es wurden zwar einige dicke Äste abgesägt, aber die Struktur ist gesund und stark. Man wird wieder Früchte ernten können, nicht sofort, aber in einigen Jahren“, schloss er seine Ausführungen, für die er ehrlichen Applaus erhielt.
Danach präsentierte Vorstand Hermann Wiesinger kurz, was bei der Linz Textil über den Sommer in Sachen Compliance und Transparenz geschehen ist: Es wird u.a. einen Verhaltenskodex geben, der im November fertig wird.
Die Vertreter der „Aktionärs-Rebellen“ waren von den Mitteilungen überrascht. Anwalt Ingo Kapsch lobte die Bemühungen um Transparenz, er hielt aber den Antrag seiner Mandanten aufrecht - kein Wunder, als Stimmrechtsvertreter ist er weisungsgebunden. Die weiteren Wortmel-dungen reichten von Angriffen auf die kritischen Aktionäre („Ihr seid’s auf keinen anderen HVs vorhanden, aber hier macht’s Euch wichtig“) bis
hin zu Kalmierungsversuchen („Ich wünsche mir eine Bereinigung der Situation durch beide Seiten. Das ist im Interesse des Unternehmens und der Aktionäre“).
Bei den Abstimmungen wurde die Sonderprüfung wenig überraschend abgelehnt, wogegen von den „Rebellen“ sofort Widerspruch zu Protokoll angemeldet wurde. Keinen Widerspruch gab es zur Wahl von Barbara Lehner in den Aufsichtsrat, zur Satzungsänderung (ganzer oder teilweiser Ausschluss des Bilanzgewinns von der Verteilung durch die HV, eigentlich nur eine Umformulierung, Anm.) hingegen überaschenderweise schon.